Manchmal genügt ein Blick in ein altes Fotoalbum, um sich zu fragen: Wer sind diese vom Leben gezeichneten Männer, deren Blicke Ernsthaftigkeit und Schwere spiegeln? Noch keine sechzig, aber das Antlitz erzählt vom Auf und Ab der Jahre, von Sommersonnen, rauen Wintern und Zigaretten, die wie kleine Feuer der Rebellion durch die Nächte brannten.
Damals trugen Männer ihre Geschichten offen im Gesicht. Jeder Faltenzug, jede graue Strähne war ein Ehrenzeichen; die Haut ein Tagebuch, das niemand verzierte oder schonte. Sonnencreme? Ein Fremdwort. Man ließ sich brennen, wie man eben alles trug: stolz, aufrecht, betont erwachsen.

Heute ist alles anders. Die Generation der Söhne und Enkelsöhne begegnet der Zeit mit List: Es wird gecremt, geschützt, gepflegt und optimiert. Die Läden sind voll mit Versprechen in Tuben: Jungbrunnen, eingefangen in Hyaluronsäure und Retinol. Der einstige Erzrivale Sonne wird umarmt – aber nur im Schatten eines Lichtschutzfaktors 50. Die Zigarette ist verpönt. Und das einst ernsthafte Männeroutfit? Ersetzt durch sportive Lässigkeit, durch Sneaker und Hoodies – das Symbol eines fast trotzig festgehaltenen Jungseins.
Klar, auch die Natur selbst hat ein Wörtchen mitgeredet. Weniger Testosteron in den Körpern, mildere Züge in den Gesichtern – manchmal meine ich, in den Spiegeln der Generationen eine sanftere Zeit zu erkennen.

Und doch, wenn ich mit 58 Jahren vor dem Spiegel stehe, lässt sich das Rad der Zeit nicht leugnen. Aber die Spuren, die geblieben sind, entsprechen nicht mehr den Narben der Vorgänger. Sie erzählen von anderen Kämpfen – vielleicht von Disziplin, vielleicht aber auch von Eitelkeit. Die Falten sind etwas feiner, der Blick wacher geblieben, die Haltung nicht verbittert, sondern offen für das, was noch kommt.
Trotzdem – und vielleicht ist das Einbildung, vielleicht auch Hoffnung – habe ich das Gefühl, dem Spiegelbild noch ein Stück Frische abtrotzen zu können. Meine Generation trägt das Alter leichter, trägt es mit einer gewissen Souveränität, als habe man gelernt, der Zeit nicht alles zu überlassen. Vielleicht ist das unsere Kunst: nicht jünger als unsere Väter zu sein, sondern leichter im Angesicht der Unvermeidlichkeit.

Am Ende jedoch bleibt sie, die Unbestechlichkeit der Jahre. Das Alter und die Falten kommen, ob man nun mit Anzug und Pfeife oder Turnschuh und Sonnencreme dagegenhält. Aber wie wir diese Jahre auf unserem Gesicht schreiben lassen – das bleibt unsere ganz persönliche Entscheidung.

